Streitigkeiten um Glaubwürdigkeit sind in interpersonellen Konflikten an der Tagesordnung. In einer konversationsanalytischen Untersuchung wird am Beispiel von Schlichtungsgesprächen untersucht, mit welchen narrativen, argumentativen und rhetorischen Techniken Streitbeteiligte die Glaubwürdigkeit von Darstellungen angreifen und verteidigen.

Anhand der Analyse typischer Sequenzmuster der Verhandlung von Glaubwürdigkeit, ihrer makroprozessualen Dynamik und der Formen der Auflösung von Auseinandersetzungen werden generelle Funktionen von Glaubwürdigkeitsrhetorik deutlich: Sie dient nicht der Wahrheitsfindung, sondern ist ein Verfahren zur Durchsetzung verschiedenster Ansprüche.

Durch die Auseinandersetzung um Glaubwürdigkeit wird eine rituelle Kompensation erlittener Kränkungen durch den Gesprächsprozess selbst geleistet. Diese Kompensation nutzt den Status der zentralen kommunikativen Werte 'Wahrheit' und 'Aufrichtigkeit' in der Kommunikationsideologie unserer Gesellschaft als Ressource der interpersonellen Balance und Gesichtswahrung.

Prof. Arnulf Deppermann: Leiter der Abteilung Pragmatik am Institut für Deutsche Sprache in Mannheim.

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