Ina Völker
Themeninitiierung in der Schwangerenberatung
Eine gesprächsanalytische Untersuchung
kommunikativer Verfahren zur Einführung von Gesprächsthemen
in geburtsvorbereitenden Gesprächen
Eintrag in der Deutschen Nationalbibliothek (DNB)
Persistent Identifier URN: urn:nbn:de:101:1-2024022616412167485500
Im letzten Trimester der Schwangerschaft beschäftigen sich viele Schwangere mit der Frage, wo sie entbinden möchten. Innerhalb dieses Entscheidungsprozesses sind geburtsvorbereitende Gespräche bedeutend, die als medizinisches Regelangebot vieler Geburts- und Krankenhäuser gelten. Im Austausch mit den zuständigen Ärzt*innen und Hebammen planen die Schwangeren in solchen Gesprächen die bevorstehende Geburt und informieren die medizinischen Expert*innen über relevante Vorerkrankungen. Für diesen Informationsaustausch ist eine kommunikative Partizipation aller Beteiligten erforderlich, z. B. in Form von Themeninitiierungen. Themeninitiierungen gewähren Einblicke in medizinisch, aber auch emotional und lebensweltlich bedeutende Belange der Interagierenden und gelten als relevante Verfahren der Gesprächsorganisation.
Die Arbeit untersucht, wer im geburtsvorbereitenden Gespräch auf welche Weise Themen initiiert, um daraus Rückschlüsse auf interaktive Verstehens- und Relevanzaushandlungsprozesse ziehen sowie kommunikationspädagogische Praxisvorschläge ableiten zu können. Aus sprechwissenschaftlicher Perspektive und anhand eines formal und funktional ausgerichteten gesprächsanalytischen und interaktionslinguistischen Vorgehens nähert sie sich der Fragestellung, welche Formen und Funktionen von Themeninitiierungen die Interagierenden in den Gesprächen realisieren. Untersuchungsgegenstand sind 37 videografierte Gespräche in der Schwangerenberatung in einem Krankenhaus, die im Rahmen des Projektes „Verstehen, Relevanzsetzung und Wissen in Gesprächen der Schwangerenberatung und der Geburtshilfe“ erhoben wurden.
Die Arbeit zeigt, dass sowohl Schwangere als auch Hebammen routiniert spezifische Cluster an Verfahren verwenden, um Themen zu initiieren. Dazu gehören zum einen formale Ressourcen wie beispielsweise bestimmte Themeninitiierungsmarker oder Konstruktionen, die eine bevorstehende Änderung auf thematischer Ebene indizieren und damit einen Beitrag zur Verstehenssicherung im Gespräch leisten. Zum anderen zeigen die Analysen, dass Themeninitiierungen in den untersuchten Gesprächen eng gekoppelt an bestimmte Handlungen und Diskurseinheiten erfolgen und funktional mit diesen verwoben sind. So lassen sich u. a. funktionale Zusammenhänge zum Wissensmanagement, zum face-work, zur Handlungslegitimierung, zur Positionierung und zur Relevanzsetzung im Gespräch finden. Aus diesen Analyseergebnissen werden abschließend Handlungsvorschläge für die Praxis abgeleitet, die als Grundlage für die Entwicklung von Kommunikationstrainings, u. a. für die Hebammenausbildung, genutzt werden können.
Dr. Ina Völker hat Germanistik sowie Kommunikations- und Medienwissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und Speech Science mit dem Schwerpunkt Sprechwissenschaft an der Philipps-Universität Marburg studiert.
Seit Abschluss ihrer Promotion arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Kompetenzstelle Mündliche Kommunikation an der Philipps-Universität Marburg.