Maria Becker
Ärztliche Empfehlungen in Therapieplanungsgesprächen
Eine gesprächsanalytische Untersuchung
118 Seiten
Erscheinungstermin 9/2015
ISBN 978-3-936656-68-8
Band 5 der Reihe
Empirische Kommunikationsforschung im Gesundheitswesen (EKiG).
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Die Arbeit widmet sich der gesprächsanalytischen Untersuchung ärztlicher Empfehlungen. Datengrundlage sind Therapieplanungsgespräche in der Nephrologie, in denen Ärzte die Patienten über eine bevorstehende Therapie mittels Dialyse als Nierenersatzverfahren aufklären.
Die untersuchten Daten zeigen, dass die Ärzte sich aufgrund bestimmter ethisch-rechtlicher Forderungen stets darum bemühen, den Patienten die zur Verfügung stehenden Behandlungsmethoden neutral vorzustellen, um deren Beeinflussung zu vermeiden. Die Gespräche zeigen jedoch auch, dass es vielen Patienten schwer zu fallen scheint, über die bevorstehende Therapie alleine zu entscheiden und ärztliche Empfehlungen seitens der Patienten eingefordert werden. Im Spannungsfeld von ärztlicher Fürsorgepflicht und Patientenautonomie zeichnen sich die Empfehlungen der Ärzte durch auffallend tentative und relativierende Formulierungen aus, in denen sich die Diskrepanz zwischen dem, was gesagt werden soll und dem, was eigentlich gesagt – und gehört – werden möchte, manifestiert.
Diese Beobachtungen geben nicht nur Anlass, die ethisch-rechtlichen Vorgaben bezüglich ärztlicher Empfehlungen und deren Konsequenzen für die medizinische Praxis zu hinterfragen, sondern auch, die gängigen Modelle der Entscheidungsfindung in der medizinischen Kommunikation neu zu überdenken.
Da die Meinung des Arztes trotz des Bemühens um Neutralität das Gespräch ohnehin beeinflusst, kann ein offener Dialog das Selbstbestimmungsrecht des Patienten sogar besser schützen als künstliche Neutralität, weshalb dafür plädiert wird, ärztliche Empfehlungen nicht zwangsläufig im Sinne einer autonomen Entscheidung des Patienten zu unterbinden. Vielmehr werden Vorschläge hinsichtlich deren Positionierung und Formulierung erarbeitet mit dem Ziel, trotz der Meinungsäußerung seitens des Arztes eine selbstbestimmte Entscheidung des Patienten zu ermöglichen.
Maria Becker studierte Germanistik, Sprach- und Kommunikationswissenschaft, Psychologie und Philosophie an den Universitäten Heidelberg und Mannheim.
Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen medizinische Kommunikation, angewandte Gesprächslinguistik, Korpuslinguistik, Varietätenlinguistik und linguistische Mediendiskursanalyse. Maria Becker arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Deutsche Sprache in Mannheim und am Germanistischen Seminar der Universität Heidelberg.